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Die „Mitteilungen der Vereinigung selbständiger in Preußen vereideter Landmesser zu Berlin“

Zu den eher seltenen Vermessungs-Zeitschriften gehören die von 1899 bis 1914 erschienenen Mitteilungen der Vereinigung selbständiger in Preußen vereideter Landmesser zu Berlin. Außer in der aufgelösten ehemaligen DVW-Bibliothek, wo die Jahrgänge 3.1901 bis 15.1913 die Zeiten überdauert haben (Abb. 1), sind auschließlich folgende, jeweils unvollständige Überlieferungen bekannt:

Die einzig und allein in Münster nachgewiesene erste Nummer erschien vor 125 Jahren am 22. März 1899. Laut dem Geleitwort des Vorstands war das neue Verbandsorgan als Bindeglied zur Wahrung und Förderung der gemeinsamen Standesinteressen gedacht. Man verstand sich „als Sprachrohr dessen, was der Landmesser in der Privatpraxis wünscht und empfindet“. Der Umstand, dass die „Mitglieder über die ganze Monarchie zerstreut sind“ und darum nur vereinzelt die Hauptversammlungen besuchen könnten, erfordere zudem, im Vereinsorgan zu den drängenden Vereinsfragen „Fühlung zu nehmen“ und sich „im engen Kreise Gleichinteressirter auszusprechen“. Daher wolle man „keine gelehrten und formelgespickten Abhandlungen bringen“, sondern „in sachlicher, schlichter Form“ hauptsächlich Fragen der praktischen, nutzbringenden Berufsausübung behandeln. Nicht zuletzt solle die Zeitschrift jedem einzelnen Mitglied Gelegenheit bieten, „Klagen und Wünsche … zur Kenntnis der Gesamtheit zu bringen“ und darüber „zum Austausch der Meinungen und Erfahrungen“ anregen.

Mehr als ein Heft ist im ersten Jahrgang zunächst nicht erschienen. Während der als Schatzmeister gewählte Erfurter Landmesser Curt Schade lediglich „i. V.“ als Schriftleiter der ersten Ausgabe fungierte, übernahm in der Folge der Liegnitzer spätere Verbandsvorsitzende Alexander Wollenhaupt das Ruder. Unter seiner Ägide entstanden im Jahr 1900 zunächst vier und 1901 bereits sechs Ausgaben des neuen Mitteilungsblattes im Umfang von jeweils rund 30 Seiten im Oktavformat.

Das Spektrum der behandelten Themen war breit gefächert. Selbstredend standen Standesfragen der selbständigen Landmesser im Mittelpunkt. Es ging um Gebühren, Titel und Ausbildung. Spezielle Fragen der Ausführung von Fortschreibungsvermessungen wurden genauso thematisiert wie beispielsweise die seit Inkrafttreten des BGB diskutierte Teilnahme der Katasterangaben am öffentlichen Glauben des Grundbuchs (Mitt. 1903, S. 46-55). Darüber hinaus fanden sich regelmäßig relevante Erlasse und Verfügungen abgedruckt. Unerlässlich waren zudem aktuelle Informationen über das Verbandsgeschehen.

Als der Schriftleiter Alexander Wollenhaupt 1902 zum Vorsitzenden gewählt wurde, gab er nach zwei Jahren sein Amt an den vereideten Landmesser Hans Hoffmann in Köslin ab, der zugleich Schatzmeister war (Mitt. 1902, S. 19). Äußerlich sichtbar wurde der Wechsel dadurch, dass die Vereinsmitteilungen nicht mehr in lateinischer Antiqua gedruckt wurden, sondern fortan in Fraktur erschienen (Abb. 2, vgl. Antiqua-Fraktur-Streit). Mit der Herstellung blieb aber weiterhin der Verlag Carl Seyffarth in Liegnitz (Legnica) betraut, der zugleich als Geschäftsstelle für die „Erledigung des Inseratenteils der Mitteilungen“ auftrat. Anlässlich des Schriftleiterwechsels beschloss die Mitgliederversammlung ferner eine Aufwandsentschädigung für die Schriftleitung in Höhe von 300 Mark jährlich. Demgegenüber beliefen sich die Kosten für Druck und Versand von jeweils sechs Nummern auf rund 900 Mark jährlich (Mitt. 1903, S. 41).

Für sein Honorar musste der Schriftleiter die Herausgabe der anfangs sechsmal und ab 1904 achtmal jährlich erscheinenden Mitteilungen praktisch im Alleingang bewältigen. In den Sitzungsberichten über die Hauptversammlungen finden sich immer wieder solch symptomatische Sätze wie: „Der Schriftleiter gibt einen kurzen Bericht über seine Tätigkeit und beklagt sich über die mangelnde Mitarbeit der Mitglieder“ (Mitt. 1903, S. 37). Dennoch währte die Ära Hoffman immerhin bis Heft 5/1909 der mittlerweile auf 8 Ausgaben mit insgesamt rund 200 Seiten jährlich angewachsenen Mitteilungen. Erst auf der Hauptversammlung 1909 in Danzig beantragte Hoffmann, „ihn wegen Arbeitsüberlastung von seinen Ämtern zu entbinden“ (Mitt. S. 106).

Daraufhin erklärte sich der in Wittenberge ansässige Richard von Elsner bereit, das Amt zu übernehmen und wurde prompt mit 56 von 57 Stimmen zum neunen Schriftführer und Schriftleiter verpflichtet. Sein erstes Heft kam im August 1909 heraus. Sein letztes aber auch schon im November des Folgejahres. Zuvor erschien in Heft 6 vom 1910 die betrübliche Mitteilung „An unsere Leser!“: „In Folge längerer Krankheit, Krankenpflege und Todesfalls in der Familie war die Schriftleitung nicht im Stande, die fälligen Nummern unserer ‚Mitteilungen‘ rechtzeitig herauszugeben“ (Mitt. S. 131). Kurz darauf zeigte von Elsner dem „Vorstande die Niederlegung seiner Ämter“ an, worauf der Vorsitzende Wollenhaupt zuächst vertretungsweise (Mitt. 8/1910, S. 177) und später dauerhaft die Schriftleitung übernahm.

Als 1911 der Landesverband preußischer Landmesservereine (L.P.L.) geründet wurde, schloss sich auch die Vereinigung selbständiger in Preußen vereideter Landmesser dem neuen Dachverband an. Dies führte dazu, dass sich die Vereinigung dann 1913 auch der neu begründeten Gemeinschaftszeitschrift Der Landmesser anschloss und die eigene Zeitschrift nur noch auf Sparflamme als erheblich reduziertes Mitteilungsblatt von 8 bis 10 Seiten je Heft fortführte (Abb. 3). Nach nichtmal einem Jahr scherte die Vereinigung der selbständigen Landmesser im Streit aus dem Gemeinschaftsprojekt wieder aus und kehrte unter der bewährten Schriftleitung des Vorsitzenden Wollenhaupt wieder zur alten Erscheinungsweise zurück.

Ein lang anhaltendes Leben war dem reaktivierten Verbandsorgan allerdings nicht beschieden. Aller Wahrscheinlichkeit nach wurde das Erscheinen mit Ausbruch des ersten Weltkriegs noch im laufenden 16. Jahrgang eingestellt. Die ausschließlich in der Bibliothek des Instituts für Geodäsie und Geoinformation (IGG) der Universität Bonn vorhandene Ausgabe Nr. 3 vom Juni 1914 (Abb.) ist vermutlich die letzte. Falls weitere Ausgaben erschienen, so haben sie zumindest nicht den Weg in öffentliche Bibliotheken gefunden. Mehr als ein oder zwei Hefte können das aber nicht gewesen sein. Denn der Erste Weltkrieg verhinderte alle weiterreichenden berufsständischen Aktivitäten, da viele Landmesser als sogenannte Einjährig-Freiwillige mit höherem Schulabschluss nach ihrem Wehrdienst Reserveoffiziere geworden waren.

Nachrichten, Berichte und Protokolle des Casseler Geometervereins

Wo wir schon einmal in Kassel sind (s. vorigen Beitrag zu Otto Börsch), gebietet es die Höflichkeit, noch kurz beim altehrwürdigen Casseler Geometer-Verein vorbeizuschauen. Gegründet wurde jener Zweigverein des Deutschen Geometervereins am 10. Februar 1878 (ZfV 1879, S. 302), war allerdings drei Jahrzehnte später schon wieder Geschichte. Wie dem Bericht über die 32. Hauptversammlung zu Cassel am 23. Januar 1909 (ZfV 1909, S. 255 f.) zu entnehmen, wurde damals die Auflösung des Vereins beschlossen. Als Grund wurde „die stets noch zunehmende Interessenlosigkeit“ am Casseler Landmesser-Verein benannt, deren Ursache vornehmlich „in der Bildung der einzelnen Fachvereine zu suchen sei“. Das war drei Jahrzehnte vorher noch ganz anders. Der Berichterstatter Th. Müller schwärmte in der ZfV 1879, S. 303-312 geradezu enthusiastisch, welch rühriges Vereinsleben der neu gegründete Verein entfaltete.

An Druckschriften, die Einblicke in die Vereinsaktivitäten erlauben, weist die Zeitschriftendatenbank (ZDB) ausschließlich und mit bedauerlichen Lücken die Nachrichten aus dem Casseler Geometerverein aus. Und das noch nicht einmal in Kassel! Die Universitäsbibliothek Marburg verwahrt davon unter der Signatur VIII C 116 ml die Hefte 2 und 3 von 1892 sowie 5.1894 – 7.1895. Von den gedruckten Berichten des Vereinsvorstands, wie sie Grundlage des o.g. ZfV-Berichts von 1879 waren, fehlt in den einschlägigen Bibliothekskatalogen jede Spur! Nur die umfassende Bibliographie der wissenschaftlichen Vereine und Gesellschaften im 19. Jh. von Dr. Johannes Müller, Kustos an der Königlichen Bibliothek zu Berlin, listet die frühen Vereinsschriften akribisch auf (S. 116, Nachtrag S. 663). Immerhin finden sich davon im Antiquariatshandel zwei versprengte Relikte in Form des Berichts über die Thätigkeit des Vereins in der Zeit vom Jahre 1880 bis 1881 erstattet in der 4. Hauptversammlung zu Cassel sowie des Protokollarischen Berichts über die IV. Hauptversammlung des Kasseler Geometer-Vereins am 26. Mai 1881. Der Preis von jeweils 60 € für nicht einmal je dreißig Seiten zeigt, um welche Raritäten es sich handelt.

Unikate sind es trotzdem nicht. Im Bestand der ehemaligen DVW-Bibliothek finden sich zunächst die ab Vereinsgründung jährlich erschienenen Bericht[e] über die Thätigkeit des Vereins in der Zeit vom Jahre … bis … erstattet in der … Hauptversammlung zu …, vorliegend für die Jahrgänge 1.1878 – 4.1881, 7.1884 – 8.1885 und 10.1887-13.1890. In einer separaten Serie wurde parallel jeweils das Protocoll über die … Hauptversammlung des Casseler Geometer-Vereins am … veröffentlicht, überliefert in den Jahrgängen 1.1878 – 4.1881 und 6.1885 – 13.1890.

Mit dem XI. Tätigkeitsbericht entwickelten sich Jahresbericht und Protokoll dann langsam aber sicher in Richtung eines Mitteilungsblatts. Dem resümierenden Rückblick auf zehn Jahre Vereinsleben (mit der Klage über die mehr und mehr zurückgehende Bereitschaft, Vorträge auf den Mitgliederversammlungen zu halten), waren das Protokoll über die Hauptversammlung am 14. Juli 1888 an, ferner das „Mitglieder-Verzeichnis pro 1888“ und schließlich noch ein kurzes „Verzeichniss der vom Casseler Geometervereins im Vereinsjahre 1887/88 neu angeschafften Bücher“ als Anlagen beigefügt. Bericht und Protokoll der 14. Hauptversammlung am 9. August 1891 erschienen dann 1892 erstmals als „Nachrichten aus dem Casseler Geometerverein“, ergänzt um den Abdruck einer Rede von Friedrich Wilhelm Dünkelberg im preußischen Abgeordnetenhaus. Hauptinhalte dieses mindestens bis zu Heft 8 1896/97 publizierten Nachrichtenblatts bildeten auch weiterhin die traditionellen Jahresberichte und Protokolle, gelegentlich bereichert um die Veröffentlichung von auf den Vereinsversammlungen gehaltenen Vorträgen, etwa zum kurhessischen Wasserrecht in Heft 2.

Bevor das Nachrichtenblatt etabliert wurde, erschienen einzelne Vortäge als separate Veröffentlichungen des Casseler Geometervereins. Darunter die drei im folgenden abgebildeten Publikationen: Wegnetzlegung verbunden mit wirthschaftlicher Eintheilung in Gebirgs-Waldungen : Vortrag gehalten im Casseler Geometer-Verein am 23. Februar 1878 vom (leider noch vornamenlosen) Feldmesser Bunge, Darstellung einiger Momente, welche im ersten Wirthschaftsjahr nach stattgehabter Verkoppelung zu berücksichtigen sind von Arnold Hüser oder Einschneiden mit graphischer Darstellung der Visierstrahlan nach Bertot von Dr. Paul Wiecke. All diese Kleinschriften sind außer in der ehemaligen DVW-Bibliothek bislang nirgends nachgewiesen und gehen nun mitsamt den übrigen Schriften des Casseler Geometervereins an die Universitätsbibliothek Kassel, Abt. Landesbibliothek. Dubletten von Heft 1 und 4 der Nachrichten erhält die Universitäsbibliothek Marburg zur Vervollständigung ihres Bestands.

Otto Börsch – ein Geodät mit 4 GND-Einträgen

Buchtitel von 1869Will man beim sukzessiven Sichten der gesicherten Bestände einer ausrangierten Bibliothek rare oder unikale Werke aufspüren, kommt man nicht umhin, jedes einzelne Buch in die Hand zu nehmen und mit den einschlägigen Verbundkatalogen zu prüfen, ob und wie selten ein Werk in hiesigen Bibliotheken vorhanden ist. Dabei kommt es dann ab und zu vor, dass sich ein auf den ersten Blick nicht als seltenes Stück anmutendes Buch als ziemliche Seltenheit herausstellt. Solch ein Buch ist die in der ehemaligen DVW-Bibliothek gleich doppelt vorhandene „Anleitung zur Berechnung der rechtwinkligen sphärischen Coordinaten und Dreieckspunkte, sowie der Dreiecksseiten und ihrer Richtungen aus den gegebenen geographischen Breiten und Längen der Dreieckspunkte mit besonderer Berücksichtigung der trigonometrischen Landesaufnahme des vormaligen Kurfürstenthums Hessen als Grundlage für Gemarkungs-, Forst- und dergleichen Vermessungen“ von Dr. Otto Börsch, 1868 im Kasseler Verlag Württenberger erschienen.

Die Suche mit dem Karlsruher Virtuellen Katalog liefert hier nur zwei Katalogeinträge, einmal im K10plus Verbundkatalog und einmal in Harvard. Der Eintrag auf K10plus umfasst ein Exemplar an der Universitätsbibliothek der TU Braunschweig und ein zweites Exemplar an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena. Für die Staatsbibliothek zu Berlin ist ein Kriegsverlust ausgewiesen. Das Exemplar der Harvard University ist auf Hathi Trust bzw. Google Books frei verfügbar; dank Digitalisierung also trotz physischer Seltenheit keine wirkliche Rarität mehr.

Ein Blick in die bibliothekarischen Normdaten zum Autor, für den es bislang keinen Wikipedia-Eintrag o. dgl. gibt, fördert nun gleich vier unterschiedliche Einträge für ein und dieselbe Person zu Tage:

Dass alle vier Normdatensätze wirklich ein und dieselbe Person beschreiben, zeigen die dem Findbucheintrag des Stadtarchivs Kassel (StadtA KS, C 103) zum Nachlass beigegebenen biografischen Angaben:

"Otto Börsch (*05. September 1817 in Marburg; †21. Juli 1890 in Berlin) war Mathematiker und Geodät; Sohn des Professors [Friedrich] August Börsch (*09.04.1781 in Eckartsberga; †20.07.1844 in Kassel) und dessen Frau Wilhelmine, geb. Fay (*06.05.1788 in Altenhaßlau; †28.10.1830 in Marburg); der Vater hatte 1812-15 und 1833-42 eine Professorenstelle am Hanauer Gymnasium inne, so dass Otto Börsch einen Großteil seiner Jugend in Hanau verbrachte; Besuch des Gymnasiums in Hanau; 1838-44 Studium der Mathematik und der Naturwissenschaften in Marburg (Prof. Dr. Christian Ludwig Gerling hatte hier einen besonderen Einfluss auf ihn); Studienabschluss mit Staatsexamen; Oktober 1844 – März 1845 Praktikant für Mathematik und Naturwissenschaften am Gymnasium Kassel; im März 1845 beurlaubt und später auf eigenen Wunsch entlassen; ab 03. November 1845 als Trigonometer bei der kurhessischen Landesaufnahme in Kassel tätig (bis 01.05.1854); 12.04.1851 Heirat mit Josepha Therese Aloyse, geb. Dittmar; ab 11. Mai 1860 Trigonometer in Gelnhausen; später Dozent für Geodäsie und Elementarmathematik an der höheren Gewerbeschule (Polytechnische Schule) Kassel (bis zum 01.10.1870); ab 1862 war er in Kassel maßgeblich an der von Johann Jacob Baeyer (Berlin) durchgeführten europäischen Gradmessung beteiligt; 1863 wurde er in Marburg mit der Arbeit „Bestimmung der Genauigkeit von Winkel- und Linien-Messungen aus Beobachtungen abgeleitet“ promoviert; 1868 erschien seine Arbeit „Anleitung zur Berechnung der rechtwinkligen sphärischen Coordinaten und Dreieckspunkte (…)“ (Kassel: Württenberger); 1868 erhielt er eine Berufung nach Berlin als Mitglied des preußischen geodätischen Institutes; 1869 erschien „Tafeln für geodätische Berechnungen zwischen den geographischen Breiten von 35° und 71° (…)“ (Kassel: Waisenhaus-Druckerei); ab 1871 an der Gewerbe-Akademie in Berlin tätig; 1873 Ernennung zum Sektionschef am Kgl. Preußischen Geodätischen Instituts."

Der 13 Einheiten umfassende Bestand StadtA KS, C 103, zu dem diese biografische Beschreibung gehört, wurde vom Stadtarchiv Kassel 2018 aus dem Antiquariatshandel erworben. Dabei scheint es sich allerdings nicht um den vollständigen Nachlass gehandelt zu haben. Denn einzelne Otto Börsch zuzuordnende Stücke sind noch im Autographenhandel erhältlich, und zwar ein dreiseitiger Brief vom 30. Juni 1849, mit dem er bei seinem zukünftigen Schwiegervater um die Hand von dessen Tochter Josephine anhielt (Abb.) sowie vier Studientestate von 1839 und 1840, in denen Prof. Christian Ludwig Gerling den Besuch seiner Vorlesungen über über Physik, Analysis, Geometrie, Integralrechnung und Geographie bescheinigt (Abb.).

„Seinem hochvererhrten Lehrer“ Prof. Dr. Gerling hat Otto Börsch schließlich auch seine Dissertation „in Liebe und Dankbarkeit“ gewidmet. Umgekehrt wird Otto Börsch von Carl Reinhertz im Aufsatz über Christian Ludwig Gerling’s geodätische Thätigkeit in der ZfV 1901, S. 4 als bedeutendster geodätischer Schüler Gerlings bezeichnet. Und Zum 150. Todestag von Christian Ludwig Gerling gedenkt Bernhard Heckmann nicht nur jenes bedeutenden Geodäten, sondern zugleich auch dessen Schülers Otto Börsch. Zuletzt ist noch in den DVW-Mitteilungen Hessen-Thüringen Heft 1/2021, S. 22-41 etwas mehr zu Otto Börschs geodätischen Arbeiten zum Anschluss der Grafschaft Schaumburg an „Kurhessens nördliche Triangulationsnetze I. Ordnung“ um 1853 zu erfahren. Börsch wird hier in den Kapiteln 2, 4 und 7 besonders genannt.

Seine eingangs genannte Anleitung zur Koordinatenberechnung von 1868 aus dem Bestand der ehemaligen DVW-Bibiothek geht nunmehr zur Ergänzung des Nachlasses ans Stadtarchiv Kassel, das zweite Exemplar nach Berlin an die Staatsbibliothek zum Ersatz des Kriegsverlusts.

Mitgliederverzeichnisse des Deutschen Geometervereins

Wie jede ordentliche Vereinsbibliothek hat die DVW-Bibliothek natürlich auch die unregelmäßig im Druck erschienenen Mitgliederverzeichnisse gesammelt und bewahrt. In der Sammlung vorhanden sind bzw. waren:

  • Mitglieder-Verzeichniss des deutschen Geometer-Vereins nach dem Stande vom 31. Januar 1878
  • Mitglieder-Verzeichniß des Deutschen Geometervereins im Jahre 1881 (Abb. 1)
  • Mitglieder-Verzeichniss des Deutschen Geometervereins im Jahre 1889
  • Mitglieder-Verzeichniss des Deutschen Geometervereins im Jahre 1893
  • Mitglieder-Verzeichniß des Deutschen Geometervereins im Jahre 1896 (Abb. 2)
  • Mitglieder-Verzeichnis des Deutschen Geometer-Vereins 1911

Die Vereinsmitglieder erhielten die Verzeichnisse jeweils vom Vorstand zugeschickt, verbunden mit der Bitte, „etwa gefundene Fehler in demselben dem Vereins-Kassirer … gefälligst zur Kenntnis bringen zu wollen.“ Ein entsprechendes Anschreiben (Abb. 3) fand sich eingelegt im Mitglieder-Verzeichnis vom Jahre 1893 im Bestand der ehemalige DVW-Bibliothek.

Angesichts der beachtlichem Mitgliederzahl und der entsprechenden Auflage sollte man meinen, dass sämtliche Verzeichnisse auch auf irgendwelchen Wegen an öffentliche Bibliotheken gelangt sind. Erstaunlicherweise trifft dies nicht für alle Jahrgänge zu. So ist das Mitgliederverzeichnis von 1896 an keiner einzigen weiteren Bibliothek nachweisbar. Das Verzeichnis von 1881 ist neben der DVW-Bibliothek zumindest noch in einem weiteren Exemplar in der Staatsbibliothek zu Berlin überliefert. Hingegen sind die Ausgaben von 1878, 1889, 1893 und 1911 (aus dem Vorbesitz des Vermessungsamts der Hansestadt Hamburg) sogar digitalisiert verfügbar (resolver.sub.uni-hamburg.de/kitodo/PPN1754794548). Letzteres trifft für das allererste Mitgliederverzeichnis ebenso zu, das allerdings nicht separat, sondern in zwei Teilen als Beilage B und Beilage C zur Zeitschrift für Vermessungswesen 1872 erschienen ist und mit dieser digitalisiert wurde. Zudem liegt das Mitgliederverzeichnis von 1884 als unmittelbarer Bestandteil der ZfV (S. 341-372) digitalisiert vor.

Neben der Mitgliederentwicklung gewähren die Verzeichnisse einen guten Überblick über die zahlreichen Zweigvereine des Deutschen Geometer-Vereins. Das Mitglieder-Verzeichnis des Deutschen Geometer-Vereins 1911 enthält auf den Seiten 3 und 4 folgende Übersicht mit 27 Einträgen, jeweils mit Mitgliedsnummer im Deutschen Geometer-Verein:

Prof. Hermann Degner verschenkt ein Bibliotheksbuch aus der Preuß. Landesaufnahme (1)

Ein unscheinbares und (mit offenbar nur noch einem weiteren Exemplar in Hamburg) zudem rares Bändchen von 1918 mit dem Titel Vollständige Tafeln zur gegenseitigen Verwandlung der Sechszehntel (0-5760) in Grade (0°-360°), Teilstriche (0-6400) in Grade (0°-360°), Sechszehntel (0-5760) in Teilstriche (0-6400)  – für den Dienstgebrauch herausgegeben von der Königl. Preußischen Landesaufnahme hat eine gleich doppelt interessante Provenienz.

Zum einen ist das der seltene Büchereistempel der preußischen Landesaufnahme, zum anderen der Umstand, dass es laut Besitzvermerk des ehemaligen DVW-Vorsitzenden Egbert Harbert (1882 –1968) ein Geschenk von Prof. Degner war. Jener Prof. Dr. Hermann Johann Wilhelm Degner (GND) war genau zu jener Zeit, als das Heft erschien, Leiter der Wissenschaftlichen Rechenstelle der Preußischen Landesaufnahme. Degner hat sozusagen sein eigenes Werk aus der Bibliothek seines Dienstherrn entliehen und verschenkt.

Da Hermann Degner einen überaus interessanten Lebensweg aufzuweisen hat, aber weder ein Wikipedia-Eintrag noch sonstige besondere biografische Erwähnungen davon zeugen, soll er hier mit seinem Lebenslauf aus der Dissertation von 1911 selbst zu Wort kommen:

Prof. Hermann Degner verschenkt ein Bibliotheksbuch aus der Preuß. Landesaufnahme (1) weiterlesen

Max Friedersdorff: Prüfung der Grundsteuer-Gemarkungskarten

Das im vorigen Blogbeitrag zur Bibliothek von Otto Böttcher abgebildete Büchlein des Königl. Oberlandmessers Max Friedersdorff über Die Prüfung und Verwertung der Grundsteuer-Gemarkungskarten im Umlegungsverfahren stellt eine besondere Rarität dar. In 1. Auflage von 1901 lässt es sich außer in der ehemaligen DVW-Bibliothek weltweit nirgends sonst nachweisen. Die zweite, im Umfang etwa verdoppelte Auflage von 1903 gibt es immerhin noch ein einziges weiteres Mal in der Staatsbibliothek zu Berlin: https://opac.k10plus.de/DB=2.299/PPNSET?PPN=404652409. Eines der beiden Exemplare der ehemaligen DVW-Bibliothek trägt zudem eine Widmung des Autors.

Obwohl Max Friedersdorff noch weitere Publikationen verfasst hat, ist er so gut wie unbekannt. Als Geburtsdatum lässt sich aber anhand der Nachweisung der Vermessungsbeamten der Preussischen Landwirtschaftlichen Verwaltung von 1905 der 27. Januar 1858 ermitteln. Mit diesen Angaben findet sich schließlich ein Eintrag im Heiratsregister des Standesamts Breslau II (Urk. 138/1888), aus dem hervorgeht, dass Max Alfred Rudolf Janus Friedersdorff am 27. Januar 1858 in Schneidemühl (heute Piła) als Sohn eines Maurermeisters geboren wurde.

Sein Landmesserpatent erhielt Friedersdorff laut Nachweisung der Vermessungsbeamten am 24. Juli 1880. Am 31. August 1881 ist er dann als Landmesser in den Staatsdienst bei der Generalkommission für Schlesien eingetreten. 1891 ist er von Breslau nach Kreuzburg O.S. (heute Kluczbork) versetzt worden (ABl. Liegnitz), 1894 dann wieder zurück nach Breslau (ABl. Oppeln). Zum 1. April 1899 erfolgte die Versetzung vom geodätisch- technischen Bureau der Generalkommission in Breslau zur Spezialkommission Leobschütz (heute Głubczyce), um dort die Oberlandmessergeschäfte wahrzunehmen (ZfV 1899, S. 286). 1908 wurde er dann nach Halle/Saale versetzt (ABl. Oppeln).