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Etablierung des „Führerprinzips“ in der D.V.W.-Satzung vom 20.11.1935
Aktuell erscheint in der zfv – Zeitschrift für Geodäsie, Geoinformation und Landmanagement eine ganze Serie von Aufsätzen zur Geschichte des Deutschen Vereins für Vermessungswesen im Nationalsozialismus. Mit der Zeit zwischen 1933 und 1935, in welche die Ausrichtung der Vereinssatzung am nationalsozialistischen Führerprinzip fällt, befasst sich der Aufsatz in Heft 5/2024 von Robert Kieselbach, Christian Schwartz und Stefan Mühlhausen mit dem Titel Der DVW im Nationalsozialismus – Die Entwicklung des DVW 1933–1935: Im Spannungsfeld von Auflösung und Selbst-»Gleichschaltung« (doi.org/10.12902/zfv-0489-2024).
Gegenstand dieses Aufsatzes ist in Abschnitt 15 (S. 292-294) die nationalsozialistische Umgestaltung der Vereinssatzung vom 30. November 1935, die als dreiseitiger Sonderdruck in der ehemaligen DVW-Bibliothek überliefert ist und hier vollständig publiziert wird (s. Abbildungen). Die Anpassung der Vereinssatzung an das NS-System bestand im Wesentlichen in der Einführung des „Führerprinzips“. Der Aufsatz beschreibt dies wie folgt: „Der Vorsitzende Dohrmann erhielt durch die Satzungsänderung deutlich mehr Macht und Entscheidungsgewalt. Mitgliedschaften mussten bei ihm beantragt werden und er bekam allein das Recht, Mitglieder vom Verein auszuschließen. Auch die Ernennung von Ehrenmitgliedern oblag nun dem Vorsitzenden. Der Vorsitzende konnte weiter den Mitgliedsbeitrag bestimmen und die Zahlungsfrist festlegen. Außerdem bestimmte er von nun an den Geschäftsleiter, den Schriftleiter und die Besetzung von Fachausschüssen“ (S. 249).
Die einschneidendste Änderung aber war die Ersetzung der Mitgliederversammlung durch den neu eingeführten Beirat, ohne dass dies im Aufsatz in dieser Deutlichkeit herausgestellt wird. Wenn es heißt, dass „die DVW-Mitgliederversammlungen … durch die neue Satzung in die Hände des Vorsitzenden gelegt“ wurden und dieser bei seinen Entscheidungen den „Beirat anzuhören hatte“ (S. 249), dann ist das fast ein wenig irreführend, auch wenn im Weiteren noch erwähnt wird, dass nicht „mehr die Hauptversammlung, sondern der Beirat“ nunmehr das Recht bekam, „den Vorsitzenden zu wählen und Satzungsänderungen zu beschließen.“ Den Kern der Sache trifft dies nicht ganz. Denn es gab kein Nebenher von Beirat und Mitgliederversammlung! Blickt man in die Satzung, dann wird klar, dass der in § 13 neu eingeführte Beirat zwar ein neues Vereinsorgan darstellte, aber zugleich unmittelbar an die Stelle der Mitgliederversammlung trat und diese ersetzte: „Der Beirat ist Mitgliederversammlung im Sinne des § 37 B.G.B.“ (§ 14). Damit war die bisherige Mitgliederversammlung der sämtlichen jeweils anwesenden Vereinsmitglieder gemäß § 10 der alten Satzung vom 25. September 1921 (ZfV 1921, S. 695-699) vollkommen ausgeschaltet. Als Wahlorgan für den Vereinsvorsitzenden (§ 11) trat an ihre Stelle der „Beirat als Mitgliederversammlung“ (§ 15), dessen Mitglieder der Vorsitzende wiederum selbst bestimmte (§§ 10 – 13).



Die Zusammensetzung des Beirats um 1937/1938 ergibt sich aus der Akte A Pr. Br. Rep. 030-04 Nr. 467, Blatt 33–35 im Landesarchiv Berlin:
Name, Funktion, Wohnort | Geburtstag | Geburtsort | NS-Mitgliedschaften |
---|---|---|---|
Vorsitzender: Dr. Martin Dohrmann, Regierungsrat, Bln.-Zehlendorf, Mörchingerstr. 119 c | 22.7.1905 | Neviges/Rhld. | RDB, NSV, RLB, SA, NSDAP: 864.321 |
Beirat: Stellvertreter des Vorsitzenden: Otto Speidel, Oberregierungsrat, Berlin W 35, Hildebrandstr. 16 | 1.5.1895 | Möckmühl | RDB, NSV, RLB, NSDAP: 467.567 |
Geschäftsleiter: Otto Böttcher, Vermessungsrat i.R., Bln.-Charlottenburg 2, Grolmanstr. 32/33 | 9.1.1875 | Erfurt | RDB, NSV, RLB, NSDAP: 2.639.633 |
Schriftleiter: Dr. Otto Eggert, o. Professor, Berlin-Dahlem, Ehrenbergstr. 21 | 4.2.1874 | Tilsit | RDB, NSV, NS-Lehrerbund |
Dr. Walter Großmann, Regierungsrat, Potsdam, Sigismundstr. 34 | 6.4.1897 | Norden | RDB, NSV, SA Reserve, NSDAP: 4.199.161 [1. Mai 1937*] |
Leiter der Fachausschüsse: Albert Pfitzer, Ministerialrat, Bln.-Lichterfelde-W., Drakestr. 37 | 2.7.1882 | Von der Heydt (Saarbrücken) | RDB, NSV, RLB, NSDAP: 1.893.890 [1. Mai 1933*] |
Dipl.-Ing. Gottlieb Günzler, Direktor [des Flurbereinigungsamts München], München, Ainmillerstr. 36 | 9.10.1875 | Rothenburg o. d. T. | RDB, NSV |
Reinhard Kurandt, Vermessungsdirektor, Königsberg/Ostpr., Leostr. 47 | 28.1.1889 | Diez/a.d.Lahn | RDB, NSV, RLB, NSKOV, RdK, FMSS, NSDAP: 1.573.367 |
Eduard Rohrbach, Stadtlandmesser, Dortmund, Windmühlenweg 45 | 25.4.1903 | Bischhausen, Krs. Eschwege | RDB, NSV, RLB, FMSS, NSDAP: 2.169.463 |
Ferdinand Henkel, Reichsbahnoberrat, Berlin-Halensee, Paulsbornerstr. 21 | 26.1.1877 | Hanau/Main | RDB, NSV, RLB, FMSS |
Julius Scheuch, Reg. u. Verm. Rat, Magdeburg, Kaiser Friedrichstr. 62 | 14.5.1878 | Hüttengesäß b. Hanau | RDB, NSV, NSRB |
Kurt Willberg, Vermessungsingenieur, Bautzen, Bahnhofstr. 19 | 28.5.1891 | Dresden | DAF, NSV, RLB, komm. Gaufachschaftswalter d. Fachschaft Verm.Ing. R.B.13 Freie Berufe der DAF, NSDAP: P.A. |
Clemens Brand, Stadt-Verm.Direktor, Münster/Westf., Scharnhorststr. 18 | 10.6.1886 | Störmede | RDB, NSV, RLB, NSDAP: 3.567.652 |
Dr. Heinrich Merkel, Hochschulprofessor, Karlsruhe/Baden, Karl Wilhelmstr. 20 | 28.10.1889 | Ludwigshafen/Rhein | RDB, NSV, RLB, NS-Lehrerbund, NSDAP: 2.318.623 |
Kurt Weule, Verm.Referendar, Zossen/b.Berlin, Baruther Chaussee 3 | 30.11.1912 | ? | SA, NSDAP: 1.828.778 |
Dr. Theodor Siewke, Regierungsrat, Berlin-Karlshorst, Ohm Krügerstr. 23 | 12.5.1890 | Godrienen b. Kbg./Pr. | RDB |
Leiter der Gaugruppen: Hermann Rösler, Regierungsrat, Dresden A 20, Teplitzeratr. 98 | 11.2.1884 | Dresden | RDB, NSV, RLB |
Wilhelm Dieter, Vermessungsrat, Giessen, Wilhelmstr. 63 | 12.12.1877 | Reinheim/Odenwald | RDB, NSV, RLB, NSKOV, NSDAP: 934.177 |
Emil Friedel, Oberregierungsrat, Weimar, Kaiserin Augustastr. 59 | 27.11.1884 | Cunsdorf | RDB, NSV, RLB, NSDAP: 2.197.638 |
Fritz Diekmann, Landesökonomierat, Oldenburg, Blumenstr. 34 | 15.6.1897 | Diekmannshausen/Oldbg. | RDB, NSV, RLB |
Dr. Paul Wiedow, Reg.u.Verm.Rat, Schwerin/Mecklbg., Schelfstr. 24 | 30.1.1898 | Doberan/Mecklbg. | RDB, NSV, RLB, NSDAP: 2.823.291 |
Peter Strupp, Vermessungsrat, Duisburg, Moselstr. 3 | 4.7.1878 | Bitburg | RDB, NSV, RLB, FMSS |
Arthur Meitzner, Reg.Landmesser, Köln-Bayenthal, Bernhardstr. 136 | 21.9.1885 | [Berlin] | RDB, NSV, SA, NSDAP: 2.139.468 |
Max Nasemann, Vermessungsingenieur, Hannover, Heinrich Schützstr. 28 | 7.3.1888 | Hannover | DAF, RLB, NSDAP: 2.958.195 |
Alfred Erbe, Reg.Landmesser, Breslau 5, Museumsplatz 6 | 18.2.1905 | Wiesbaden | RDB, NSDAP: 2.367.782 |
Robert Waetzmann, Oberreg.u.Verm.Rat, Schleswig, Gesterberg 9 | 4.7.1877 | Weißensee/Krs. Meseritz Grenzmark | RDB, NSV, FMSS |
Louis Schneider, Reg.Oberverm.Rat, München, Emil Riedelstr. 2 | 31.1.1879 | Coburg | RDB, NSV, RLB, NSDAP: 3.214.095 |
Wilhelm Weiß, Vermessungsrat, Plochingen/Wtt., Hindenburgstr. 44 | 25.4.1893 | Stuttgart | RDB, NSKOV, NSDSTB, NSV, RLB, NSDAP: 70.192 |
Gustav Morlock, Oberregierungsrat, Karlsruhe/Baden, Kriegstr. 162 | 7.3.1872 | Blankenloch | RDB, NSV, RLB, NSDAP: 26.645 [28. Dezember 1925*] |
Für den 29-köpfigen D.V.W.-Beirat, für den die Satzung als Höchstzahl 30 Mitglieder vorsah (§ 13) weist die vorliegende Liste insgesamt 19 NSDAP-Mitglieder und einen Parteianwärter (P.A.) aus, mithin eine Zweidrittelmehrheit von NSDAP-Mitgliedern aus. 1936 war das Verhältnis noch ein anderes. In der früheren Liste der Beiratsmitglieder vom 3. Juni 1936 (A Pr. Br. Rep. 030-04 Nr. 467, Blatt 9–11) sah das noch ein wenig anders aus. Von den dazumal 27 Beiratsmitgliedern waren einschließlich der Führungsriege nur 14 Mitglieder der NSDAP, also rund die Hälfte. Zum Teil sind Beiratsmitglieder später in die Partei eingetreten, zum Großteil aber Parteimitglieder für aus dem Beirat ausgeschiendene Mitglieder nachgerückt.
Der Vollständigkeit halber folgen hier noch die in der ersten Beiratsliste vom 3. Juni 1936 enhaltenen Beiratsmitglieder, die in der späteren Liste fehlen, d.h. im Zeitraum 1936/37 wieder aus dem Beirat ausgeschienden sind:
Name, Funktion, Wohnort | Geburtstag | Geburtsort | NS-Mitgliedschaften |
---|---|---|---|
Leiter der Fachausschüsse: Albert Fröbe, Berlin NW 7, Schiffbauerdamm 19, selbst. vereid. Landmesser | 19.8.1887 | Berlin | DAF |
Dr.-Ing. Gustav Clauß, o.Professor, Oberreg. Rat i.R., München 19, Bothmerstr. 11 I | 19.3.1871 | Landau/Rhpfalz | RDB, NSV |
Karl Berger, Kataster-Amtmann (Bau- u. Finanzdirektion Berlin), Berlin-Dahlem, Lentzeallee 30 | 23.11.1896 | Trarbach a. d. Mosel | NSDAP: 527.258, Gaubevollmächtigter der NSDAP Gross-Berlin, Fachschaftsgruppenleiter der Preuss. Bau- u. Finanzdirektion, Bau-, Kultur- und Katasterämter und Geologischen Landesanstalt, Schulungsleiter der Fachschaftsgruppe 12 usw. |
Friedrich Brümmer, Kand.d.höh.Verm.fachs, Berlin N 113, Rodenbergstr. 31 III | 21.8.1909 | Saarbrücken, | SA |
Leiter der Gaugruppen: Erich Klander, Regierungslandmesser, Köln-Riehl, Bodinusstr. 2 | 20.3.1884 | Kolberg/Pommern | RDB, NSV |
Kurt Albrecht, Katasterdirektor, Hirschberg/Riesengebirge, Hermann Stehrstr. 10 | 24.2.1889 | Dahme (Mark) | RDB, NSDAP: 1.788.331 |
Abkürzungen:
DAF: Deutsche Arbeitsfront
FMSS: Förderndes Mitglied der SS
NSDAP: Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei
NSDSTB: Nationalsozialistischer Deutscher Studentenbund
NSKOV: NS-Kriegsopferversorgung
NSRB: Nationalsozialistischer Rechtswahrerbund
NSV: Nationalsozialistische Volkswohlfahrt
RDB: Reichsbund der Deutschen Beamten
RdK: Reichsbund der Kinderreichen ?
RLB: Reichsluftschutzbund
SA: Sturmabteilung
* Datum nach de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_NSDAP-Parteimitgliedsnummern.
Abgabe von Vereinsakten aus der ehemaligen DVW-Bibliothek an das Landesarchiv Berlin
Nachrichten, Berichte und Protokolle des Casseler Geometervereins
Wo wir schon einmal in Kassel sind (s. vorigen Beitrag zu Otto Börsch), gebietet es die Höflichkeit, noch kurz beim altehrwürdigen Casseler Geometer-Verein vorbeizuschauen. Gegründet wurde jener Zweigverein des Deutschen Geometervereins am 10. Februar 1878 (ZfV 1879, S. 302), war allerdings drei Jahrzehnte später schon wieder Geschichte. Wie dem Bericht über die 32. Hauptversammlung zu Cassel am 23. Januar 1909 (ZfV 1909, S. 255 f.) zu entnehmen, wurde damals die Auflösung des Vereins beschlossen. Als Grund wurde „die stets noch zunehmende Interessenlosigkeit“ am Casseler Landmesser-Verein benannt, deren Ursache vornehmlich „in der Bildung der einzelnen Fachvereine zu suchen sei“. Das war drei Jahrzehnte vorher noch ganz anders. Der Berichterstatter Th. Müller schwärmte in der ZfV 1879, S. 303-312 geradezu enthusiastisch, welch rühriges Vereinsleben der neu gegründete Verein entfaltete.
An Druckschriften, die Einblicke in die Vereinsaktivitäten erlauben, weist die Zeitschriftendatenbank (ZDB) ausschließlich und mit bedauerlichen Lücken die Nachrichten aus dem Casseler Geometerverein aus. Und das noch nicht einmal in Kassel! Die Universitäsbibliothek Marburg verwahrt davon unter der Signatur VIII C 116 ml die Hefte 2 und 3 von 1892 sowie 5.1894 – 7.1895. Von den gedruckten Berichten des Vereinsvorstands, wie sie Grundlage des o.g. ZfV-Berichts von 1879 waren, fehlt in den einschlägigen Bibliothekskatalogen jede Spur! Nur die umfassende Bibliographie der wissenschaftlichen Vereine und Gesellschaften im 19. Jh. von Dr. Johannes Müller, Kustos an der Königlichen Bibliothek zu Berlin, listet die frühen Vereinsschriften akribisch auf (S. 116, Nachtrag S. 663). Immerhin finden sich davon im Antiquariatshandel zwei versprengte Relikte in Form des Berichts über die Thätigkeit des Vereins in der Zeit vom Jahre 1880 bis 1881 erstattet in der 4. Hauptversammlung zu Cassel sowie des Protokollarischen Berichts über die IV. Hauptversammlung des Kasseler Geometer-Vereins am 26. Mai 1881. Der Preis von jeweils 60 € für nicht einmal je dreißig Seiten zeigt, um welche Raritäten es sich handelt.
Unikate sind es trotzdem nicht. Im Bestand der ehemaligen DVW-Bibliothek finden sich zunächst die ab Vereinsgründung jährlich erschienenen Bericht[e] über die Thätigkeit des Vereins in der Zeit vom Jahre … bis … erstattet in der … Hauptversammlung zu …, vorliegend für die Jahrgänge 1.1878 – 4.1881, 7.1884 – 8.1885 und 10.1887-13.1890. In einer separaten Serie wurde parallel jeweils das Protocoll über die … Hauptversammlung des Casseler Geometer-Vereins am … veröffentlicht, überliefert in den Jahrgängen 1.1878 – 4.1881 und 6.1885 – 13.1890.



Mit dem XI. Tätigkeitsbericht entwickelten sich Jahresbericht und Protokoll dann langsam aber sicher in Richtung eines Mitteilungsblatts. Dem resümierenden Rückblick auf zehn Jahre Vereinsleben (mit der Klage über die mehr und mehr zurückgehende Bereitschaft, Vorträge auf den Mitgliederversammlungen zu halten), waren das Protokoll über die Hauptversammlung am 14. Juli 1888 an, ferner das „Mitglieder-Verzeichnis pro 1888“ und schließlich noch ein kurzes „Verzeichniss der vom Casseler Geometervereins im Vereinsjahre 1887/88 neu angeschafften Bücher“ als Anlagen beigefügt. Bericht und Protokoll der 14. Hauptversammlung am 9. August 1891 erschienen dann 1892 erstmals als „Nachrichten aus dem Casseler Geometerverein“, ergänzt um den Abdruck einer Rede von Friedrich Wilhelm Dünkelberg im preußischen Abgeordnetenhaus. Hauptinhalte dieses mindestens bis zu Heft 8 1896/97 publizierten Nachrichtenblatts bildeten auch weiterhin die traditionellen Jahresberichte und Protokolle, gelegentlich bereichert um die Veröffentlichung von auf den Vereinsversammlungen gehaltenen Vorträgen, etwa zum kurhessischen Wasserrecht in Heft 2.
Bevor das Nachrichtenblatt etabliert wurde, erschienen einzelne Vortäge als separate Veröffentlichungen des Casseler Geometervereins. Darunter die drei im folgenden abgebildeten Publikationen: Wegnetzlegung verbunden mit wirthschaftlicher Eintheilung in Gebirgs-Waldungen : Vortrag gehalten im Casseler Geometer-Verein am 23. Februar 1878 vom (leider noch vornamenlosen) Feldmesser Bunge, Darstellung einiger Momente, welche im ersten Wirthschaftsjahr nach stattgehabter Verkoppelung zu berücksichtigen sind von Arnold Hüser oder Einschneiden mit graphischer Darstellung der Visierstrahlan nach Bertot von Dr. Paul Wiecke. All diese Kleinschriften sind außer in der ehemaligen DVW-Bibliothek bislang nirgends nachgewiesen und gehen nun mitsamt den übrigen Schriften des Casseler Geometervereins an die Universitätsbibliothek Kassel, Abt. Landesbibliothek. Dubletten von Heft 1 und 4 der Nachrichten erhält die Universitäsbibliothek Marburg zur Vervollständigung ihres Bestands.



Mitgliederverzeichnisse des Deutschen Geometervereins
Wie jede ordentliche Vereinsbibliothek hat die DVW-Bibliothek natürlich auch die unregelmäßig im Druck erschienenen Mitgliederverzeichnisse gesammelt und bewahrt. In der Sammlung vorhanden sind bzw. waren:
- Mitglieder-Verzeichniss des deutschen Geometer-Vereins nach dem Stande vom 31. Januar 1878
- Mitglieder-Verzeichniß des Deutschen Geometervereins im Jahre 1881
Die Vereinsmitglieder erhielten die Verzeichnisse jeweils vom Vorstand zugeschickt, verbunden mit der Bitte, „etwa gefundene Fehler in demselben dem Vereins-Kassirer … gefälligst zur Kenntnis bringen zu wollen.“ Ein entsprechendes Anschreiben (Abb. 3) fand sich eingelegt im Mitglieder-Verzeichnis vom Jahre 1893 im Bestand der ehemalige DVW-Bibliothek.
Angesichts der beachtlichem Mitgliederzahl und der entsprechenden Auflage sollte man meinen, dass sämtliche Verzeichnisse auch auf irgendwelchen Wegen an öffentliche Bibliotheken gelangt sind. Erstaunlicherweise trifft dies nicht für alle Jahrgänge zu. So ist das Mitgliederverzeichnis von 1896 an keiner einzigen weiteren Bibliothek nachweisbar. Das Verzeichnis von 1881 ist neben der DVW-Bibliothek zumindest noch in einem weiteren Exemplar in der Staatsbibliothek zu Berlin überliefert. Hingegen sind die Ausgaben von 1878, 1889, 1893 und 1911 (aus dem Vorbesitz des Vermessungsamts der Hansestadt Hamburg) sogar digitalisiert verfügbar (resolver.sub.uni-hamburg.de/kitodo/PPN1754794548). Letzteres trifft für das allererste Mitgliederverzeichnis ebenso zu, das allerdings nicht separat, sondern in zwei Teilen als Beilage B und Beilage C zur Zeitschrift für Vermessungswesen 1872 erschienen ist und mit dieser digitalisiert wurde. Zudem liegt das Mitgliederverzeichnis von 1884 als unmittelbarer Bestandteil der ZfV (S. 341-372) digitalisiert vor.



Neben der Mitgliederentwicklung gewähren die Verzeichnisse einen guten Überblick über die zahlreichen Zweigvereine des Deutschen Geometer-Vereins. Das Mitglieder-Verzeichnis des Deutschen Geometer-Vereins 1911 enthält auf den Seiten 3 und 4 folgende Übersicht mit 27 Einträgen, jeweils mit Mitgliedsnummer im Deutschen Geometer-Verein:
- 982 Rheinisch-Westfälischer Landmesserverein.
- 1603 Verein Meckl. gepr. Vermessungs- und Kulturingenieure.
- 1607 Pfälzischer Geometerverein.
- 1633 Brandenburgischer Landmesserverein.
- 1641 Thüringischer Landmesserverein.
- 1649 Württembergischer Geometerverein.
- 1679 Altpreußischer Landmesserverein.
- 2042 Verein der Landmesser in Elsaß-Lothringen.
- 2148 Hannoverscher Landmesserverein.
- 2266 Württembergischer Bezirks-Geometerverein.
- 2395 Verein Großh. Hessischer Geometer I. Klasse.
- 2705 Schlesischer Landmesserverein.
- 2763 Landmesserverein der Provinz Posen.
- 2769 Niedersächsischer Geometer-Verein.
- 3028 Verein praktischer Geometer im Königreich Sachsen.
- 3081 Hannoverscher Landes-Oekonomie-Beamtenverein.
- 3338 Badischer Geometer-Verein.
- 3773 Verein der Verm.-Beamten der Preußischen Landwirtschaftlichen Verwaltung.
- 4417 Landmesserverein Essen.
- 4436 Ortsgruppe Danzig des deutschen Geometervereins.
- 4676 Vereinigung der Katasterbeamten des Regierungsbezirks Marienwerder.
- 4770 Landmesserverein Trier.
- 4779 Verein der in der allgemeinen Bauverwaltung angestellten und beschäftigten Landmesser.
- 4832 Verein der Eisenbahnlandmesser.
- 4897 Verein geprüfter und verpflichteter Geometer im Königreich Sachsen.
- 5234 Verein der Kgl. Sächsischen Bezirkslandmesser.
- 5406 Zweigverein Bayern des deutschen Geometervereins.
Die Anfänge der Bibliothek des Deutschen Geometer-Vereins im Jahr 1873
Die Einrichtung einer allen Vereinsmitgliedern offen stehenden Bibliothek war bereits in den Gründungsdokumenten des Deutschen Geometer-Vereins angelegt. Laut § 9 der Satzungen vom 16. Dezember 1871 hatte der Schriftführer zugleich das Archiv und die Bibliothek des Vereines zu verwalten. § 18 bestimmte u. a. zu diesen Einrichtungen: Die Mitgliedschaft berechtigt zur Benutzung der dem Vereine etwa zu Gebote stehenden wissenschaftlichen Hilfsmittel.
Die ersten 40 Erwerbungen konnten dann auf der vom 2. bis 4. August 1873 in Nürnberg abgehaltenen II. Hauptversammlung des Deutschen Geometervereins öffentlichkeitswirksam präsentiert werden. Wie sich aus der im Tagungsbericht abgedruckten Aufstellung (ZfV 1873, S. 338–340) ergibt, handelte es sich hauptsächlich um Schenkungen. Selbstredend gingen die Vorstandsmitglieder beim Bibliotheksaufbau mit gutem Beispiel voran:
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Die Satzung des Deutschen Vereins für Vermessungswesen (D.V.V.) von 1919
Auf seiner letzten Mitgliederversammlung am 30. November 1919 erfolgte die Umbildung des alten Deutschen Geometer-Vereins in den nunmehr auf Einzelmitgliedschaft der Fachkollegen gegründeten Deutschen Verein für Vermessungswesen, zunächst noch mit offizieller Abkürzung D.V.V. Dessen gedruckte Vereinssatzung ist abgesehen von den beiden in der ehemaligen DVW-Bibliothek überlieferten Exemplaren in keiner weiteren Bibliothek nachweisbar. Der Wortlaut ist jedoch auch der ZfV vom Juli 1919, S. 273–280 zu entnehmen, die zudem noch einen Bericht über die Beratung des Satzungsentwurfs am 22./23. Juni 1919 enthält (S. 265–272).



Bedeutsam in Bezug auf die DVW-Bibliothek ist § 3. Dort heißt es zu den beiden zuvor genannten Vereinszielen der sachlichen Förderung des Vermessungswesens in allen seinen Zweigen und Einzelheiten bzw. der Vertretung der sozialen und wirtschaftlichen Interessen aller Berufsangehörigen:
Die Satzung des Deutschen Vereins für Vermessungswesen (D.V.V.) von 1919 weiterlesen
Vermessung der Freien und Hansestadt Hamburg
Die vierbändige Vermessung der Freien und Hansestadt Hamburg des DVW-Ehrenmitglieds Heinrich August Ludwig Stück von 1885 bis 1888 ist mit wenigen Exemplaren vor allem vor Ort in Hamburger Bibliotheken erhalten und zudem bei der TIB Hannover digital verfügbar.
Die Bände in der ehemaligen DVW-Bibliothek zeichnen sich durch ihre besondere Provenienz aus. Die Besitzvermerke S. H. Gurlitt verweisen auf den Obervermessungsrat und Leiter des Hamburger staatlichen Vermessungswesens Siegfried Hermann Gurlitt, geb. 1. März 1871 in Hamburg, vgl. die Angaben beim Staatsarchiv Hamburg. Ausführlich erwähnt wird Gurlitt im Sonderheft des Hamburger Landesbetriebs Geoinformation und Vermessung (LGV) von 2010 zur Geschichte der Hamburger Triangulation. Auf S. 36 dieser Publikation findet sich Gurlitt auch unter den Beschäftigten des Hamburger Vermessungsbureaus im Jahr 1900 als Nr. 16 (2. Reihe, 4. v.r.) abgebildet.
Dass die Bücher aus seinem Besitz in die DVW-Bibliothek gelangten, dürfte damit zusammenhängen, dass Gurlitt bis 1932 Vorsitzender des Landesvereins Hamburg des DVW und als solcher zugleich Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses des DVW war (ZfV 1932, S. 143 u. 543). Nunmehr gehen die Bücher in den Bestand der Bibliothek des Förderkreises vermessungstechnisches Museum e.V. in Dortmund über. In der DVW-Bibliothek vorhandene Dubletten der Bände 1 bis 3 wurden der Bibliothek des Vereins für Hamburgische Geschichte übergeben.



Aus der Bücherei von Otto Böttcher
Zuwachs erfuhr die ehemalige DVW-Bibliothek nicht zuletzt auch durch Bücherspenden Einzelner. Eine ganze Anzahl von Büchern trägt den Besitzstempel der (Privat-)Bücherei von Otto Böttcher, Frankenberg/Eder.
Otto Böttcher ist beim D.V.W. kein Unbekannter, obschon dessen Lebensdaten bislang nicht publik sind. Laut Nachweisung der akademisch vorgebildeten Vermessungsbeamten der Preußischen Landwirtschaftlichen Verwaltung (1925) wurde Böttcher am 9. Januar 1875 geboren. Mit diesem Geburtsdatum korrespondiert die Geburtsurkunde 40/1875 des Standesamts Erfurt, die Otto Alfred Böttcher als Sohn des Geometers Johann Karl Oswald Böttcher (1835–1900) und der Valeska Böttcher, geb. Ette ausweist.
Am 16. Mai 1896 erhielt er die Landmesserbestallung, trat daraufhin am 25. Mai 1896 in die landwirtschaftlichen Verwaltung ein und avancierte nach entsprechendener Prüfung am 1. Dezember 1900 zum Regierungslandmesser. 1926 erscheint er als Vermessungsrat im Kulturamt Frankenberg.
In der D.V.W.-Mitgliederversammlung am 5. August 1929 wurde Otto Böttcher zum 1. Januar 1930 als D.V.W.-Geschäftsleiter* gewählt. Zuvor war er seit 1921 schon mehrere Jahre für die Fachgruppe der Preußischen Landwirtschaftlichen Verwaltung einer der Vertreter des Landesvereins Preußen im Geschäftsführenden Ausschuss des D.V.W. Die nunmehrige hauptamtliche Tätigkeit als Geschäftsleiter führte Böttcher aus, bis er infolge eines Schlaganfalls am 1. April 1939 aus dem Amt ausschied.
* Siehe zur Funktion des Geschäftsleiters: Die Satzung des Deutschen Vereins für Vermessungswesen (D.V.V.) von 1919.


