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Otto Börsch – ein Geodät mit 4 GND-Einträgen

Buchtitel von 1869Will man beim sukzessiven Sichten der gesicherten Bestände einer ausrangierten Bibliothek rare oder unikale Werke aufspüren, kommt man nicht umhin, jedes einzelne Buch in die Hand zu nehmen und mit den einschlägigen Verbundkatalogen zu prüfen, ob und wie selten ein Werk in hiesigen Bibliotheken vorhanden ist. Dabei kommt es dann ab und zu vor, dass sich ein auf den ersten Blick nicht als seltenes Stück anmutendes Buch als ziemliche Seltenheit herausstellt. Solch ein Buch ist die in der ehemaligen DVW-Bibliothek gleich doppelt vorhandene „Anleitung zur Berechnung der rechtwinkligen sphärischen Coordinaten und Dreieckspunkte, sowie der Dreiecksseiten und ihrer Richtungen aus den gegebenen geographischen Breiten und Längen der Dreieckspunkte mit besonderer Berücksichtigung der trigonometrischen Landesaufnahme des vormaligen Kurfürstenthums Hessen als Grundlage für Gemarkungs-, Forst- und dergleichen Vermessungen“ von Dr. Otto Börsch, 1868 im Kasseler Verlag Württenberger erschienen.

Die Suche mit dem Karlsruher Virtuellen Katalog liefert hier nur zwei Katalogeinträge, einmal im K10plus Verbundkatalog und einmal in Harvard. Der Eintrag auf K10plus umfasst ein Exemplar an der Universitätsbibliothek der TU Braunschweig und ein zweites Exemplar an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena. Für die Staatsbibliothek zu Berlin ist ein Kriegsverlust ausgewiesen. Das Exemplar der Harvard University ist auf Hathi Trust bzw. Google Books frei verfügbar; dank Digitalisierung also trotz physischer Seltenheit keine wirkliche Rarität mehr.

Ein Blick in die bibliothekarischen Normdaten zum Autor, für den es bislang keinen Wikipedia-Eintrag o. dgl. gibt, fördert nun gleich vier unterschiedliche Einträge für ein und dieselbe Person zu Tage:

Dass alle vier Normdatensätze wirklich ein und dieselbe Person beschreiben, zeigen die dem Findbucheintrag des Stadtarchivs Kassel (StadtA KS, C 103) zum Nachlass beigegebenen biografischen Angaben:

"Otto Börsch (*05. September 1817 in Marburg; †21. Juli 1890 in Berlin) war Mathematiker und Geodät; Sohn des Professors [Friedrich] August Börsch (*09.04.1781 in Eckartsberga; †20.07.1844 in Kassel) und dessen Frau Wilhelmine, geb. Fay (*06.05.1788 in Altenhaßlau; †28.10.1830 in Marburg); der Vater hatte 1812-15 und 1833-42 eine Professorenstelle am Hanauer Gymnasium inne, so dass Otto Börsch einen Großteil seiner Jugend in Hanau verbrachte; Besuch des Gymnasiums in Hanau; 1838-44 Studium der Mathematik und der Naturwissenschaften in Marburg (Prof. Dr. Christian Ludwig Gerling hatte hier einen besonderen Einfluss auf ihn); Studienabschluss mit Staatsexamen; Oktober 1844 – März 1845 Praktikant für Mathematik und Naturwissenschaften am Gymnasium Kassel; im März 1845 beurlaubt und später auf eigenen Wunsch entlassen; ab 03. November 1845 als Trigonometer bei der kurhessischen Landesaufnahme in Kassel tätig (bis 01.05.1854); 12.04.1851 Heirat mit Josepha Therese Aloyse, geb. Dittmar; ab 11. Mai 1860 Trigonometer in Gelnhausen; später Dozent für Geodäsie und Elementarmathematik an der höheren Gewerbeschule (Polytechnische Schule) Kassel (bis zum 01.10.1870); ab 1862 war er in Kassel maßgeblich an der von Johann Jacob Baeyer (Berlin) durchgeführten europäischen Gradmessung beteiligt; 1863 wurde er in Marburg mit der Arbeit „Bestimmung der Genauigkeit von Winkel- und Linien-Messungen aus Beobachtungen abgeleitet“ promoviert; 1868 erschien seine Arbeit „Anleitung zur Berechnung der rechtwinkligen sphärischen Coordinaten und Dreieckspunkte (…)“ (Kassel: Württenberger); 1868 erhielt er eine Berufung nach Berlin als Mitglied des preußischen geodätischen Institutes; 1869 erschien „Tafeln für geodätische Berechnungen zwischen den geographischen Breiten von 35° und 71° (…)“ (Kassel: Waisenhaus-Druckerei); ab 1871 an der Gewerbe-Akademie in Berlin tätig; 1873 Ernennung zum Sektionschef am Kgl. Preußischen Geodätischen Instituts."

Der 13 Einheiten umfassende Bestand StadtA KS, C 103, zu dem diese biografische Beschreibung gehört, wurde vom Stadtarchiv Kassel 2018 aus dem Antiquariatshandel erworben. Dabei scheint es sich allerdings nicht um den vollständigen Nachlass gehandelt zu haben. Denn einzelne Otto Börsch zuzuordnende Stücke sind noch im Autographenhandel erhältlich, und zwar ein dreiseitiger Brief vom 30. Juni 1849, mit dem er bei seinem zukünftigen Schwiegervater um die Hand von dessen Tochter Josephine anhielt (Abb.) sowie vier Studientestate von 1839 und 1840, in denen Prof. Christian Ludwig Gerling den Besuch seiner Vorlesungen über über Physik, Analysis, Geometrie, Integralrechnung und Geographie bescheinigt (Abb.).

„Seinem hochvererhrten Lehrer“ Prof. Dr. Gerling hat Otto Börsch schließlich auch seine Dissertation „in Liebe und Dankbarkeit“ gewidmet. Umgekehrt wird Otto Börsch von Carl Reinhertz im Aufsatz über Christian Ludwig Gerling’s geodätische Thätigkeit in der ZfV 1901, S. 4 als bedeutendster geodätischer Schüler Gerlings bezeichnet. Und Zum 150. Todestag von Christian Ludwig Gerling gedenkt Bernhard Heckmann nicht nur jenes bedeutenden Geodäten, sondern zugleich auch dessen Schülers Otto Börsch. Zuletzt ist noch in den DVW-Mitteilungen Hessen-Thüringen Heft 1/2021, S. 22-41 etwas mehr zu Otto Börschs geodätischen Arbeiten zum Anschluss der Grafschaft Schaumburg an „Kurhessens nördliche Triangulationsnetze I. Ordnung“ um 1853 zu erfahren. Börsch wird hier in den Kapiteln 2, 4 und 7 besonders genannt.

Seine eingangs genannte Anleitung zur Koordinatenberechnung von 1868 aus dem Bestand der ehemaligen DVW-Bibiothek geht nunmehr zur Ergänzung des Nachlasses ans Stadtarchiv Kassel, das zweite Exemplar nach Berlin an die Staatsbibliothek zum Ersatz des Kriegsverlusts.

Ex libris Alfred Mellin, Oberleutnant a.D., Landmesser und Kulturingenieur, Entomologe

Exlibris Alfred Mellin Zwei kulturtechnische Bücher aus dem bislang gesichteten Bestand der ehemaligen DVW-Bibliothek zeichnen sich durch ein auffallendes Bucheignerzeichen aus (Abb.). Das Bibliotheksexemplar von Louis Vincents „Die Drainage, deren Theorie und Praxis“ in der zweiten Auflage von 1857 sowie „Der Wiesenbau in seinen landwirtschaftlichen und technischen Grundzügen“ von Friedrich Wilhelm Dünkelberg, 4. Auflage 1907, weisen mit dem im Innendeckel angebrachten künstlerischen Exlibris den Hirschberger Landmesser und Kulturingenieur Alfred Mellin als Vorbesitzer aus.

Dass sich jener Alfred Mellin neben seinem Beruf noch als eifriger Insektenfreund betätigte und 1905 dem Verein für schlesische Insektenkunde beitrat (Zeitschrift für Entomologie 1906, S. 57), ist es zu verdanken, dass wir über das Leben des Bücherfreunds informiert sind. Zunächst erscheint er dort in den Mitgliederverzeichnissen: als „Mellin, Oberleutnant a. D., vereid. Landmesser und Kultur- Ingenieur in Hirschberg i . Schles . , Bergstr. 3. Lep . Orth.“ Die Abkürzungen stehen dabei für seine entomologischen Spezialgebiete der Lepidopterologie (Schmetterlingskunde) sowie Orthopterologie (Heuschreckenkunde). Wesentliche Quelle für die Kenntnis seiner weiteren Biografie ist dann folgender Nachruf im Jahresheft des Vereins für Schlesische Insektenkunde zu Breslau von 1920, S. 23 f.:

   Am 25. April 1920 verschied zu Hirschberg i/Schl. der Oberleutnant a. D. Alfred Mellin. Ein Nervenleiden, das er sich durch einen Absturz von einer Leiter zugezogen, war die Veranlassung seines frühzeitigen Todes.
   Geboren am 1. Juni 1859 zu Posen, verließ er in Berlin, nach welchem Orte sein Vater als Regierungs- und Baurat und Mitglied der Kgl. Direktion der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn berufen war, das Kgl. Wilhelms-Gymnasium 1879 mit der Reife für Prima. Er wandte sich der Offiziers-Laufbahn zu, wurde 1881 Sekondeleutnant und 1890 Premierleutnant. Infolge eines Gehörleidens nahm er 1891 seinen Abschied und erwählte als neuen Beruf die Landmesserlaufbahn. Oktober 1892 ließ er sich an der Landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin immatrikulieren und besuchte die geodätischen und kulturtechnischen Vorlesungen. Im Herbste 1896 machte er die umfassende Prüfung in Kulturtechnik. Das Landmesserexamen bestand er im April 1899 und war von diesem Zeitpunkt ab in Hirschberg tätig, wo er ein eigenes Grundstück erworben hatte. Nach angestrengter Berufstätigkeit fand er im stillen und glücklichen Heim, das ihm seine überaus fürsorgliche Gattin bereitete, Erholung, wobei er sich dem Studium der Natur, namentlich der Entomologie, widmete. Ein Nervenleiden veranlaßte ihn, seine Berufstätigkeit ganz einzustellen und sich von der Allgemeinheit zurückzuziehen. Inmitten seiner umfangreichen Bücherei fand er Zerstreuung, bis er am 25. April 1920 im Alter von 60 Jahren sanft verschied. Am 15. Februar 1905 war er Mitbegründer der Entomologischen Vereinigung für das Riesengebirge, an deren Aufblühen und Förderung er als Kassenführer regen Anteil nahm. In den Versammlungen, die er ständig besuchte, erwarb er sich, infolge seines hochedlen Charakters, die Liebe aller Vereinsgenossen. Wer ihn gekannt, weiß, was er in ihm verloren hat. In dem Jahre 1905 trat er in den Verein für schlesische Insektenkunde ein, dem er als Mitglied bis zu seinem Tode angehörte.
   Die Lücke, die der Tod mit dem Hinscheiden dieses edlen Mannes in den Kreis der Entomologen des Riesengebirges gerissen hat, ist sehr schmerzlich, und ich werde als treuer Freund der Stunden oft und gern gedenken, die mir vergönnt waren, mit ihm vereint in den heimatlichen Bergen verleben zu dürfen.
H. Marschner

Was die im Nachruf anklingenden Familienverhältnisse betrifft, so handelte es sich bei dem als Direktoriumsmitglied der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn genannten Vater um den Regierungs- und Baurat Rudolph Albert Franz Mellin (1825–1895). Dessen Vater wiederum, also der Großvater unseres Alfred Mellin, war der Generalbaudirektor Friedrich Albert Immanuel Mellin, der seine steile Karriere als preußischer Baubeamter einst als Feldmesser begonnen hatte. Alfred Mellins Berufswahl nach dem Abschied aus dem Militär kam also nicht von ungefähr.

Bezüglich des Zeitpunkts der Landmesseprüfung, die Mellin dazu befähigte, als selbständiger vereideter Landmesser tätig zu werden, dürfte sich sein Vereinsfreund Hugo Marschner allerdings um ein Jahr vertan haben. Denn die Zeitschrift für Vermessungswesen, in der regelmäßige die erfolgreich bestandenen Prüfungen bekannt gemacht wurden, weist Mellin, Alfred, Posen erst zur Landmesseprüfung im Frühjahr 1900 aus (ZfV 1900, S. 339). Erst danach dürfte er sich in Hirschberg niedergelassen haben. Das Hirschberger Adressbuch von 1902 kennt ihn unter der Adresse Franzstraße 5 zunächst nur als Oberleutnant a.D. In der Ausgabe 1904 (und den Folgejahren) ist er dann wie folgt verzeichnet: Mellin, Alfred, Oberleutnant a. D., vereideter Landmesser und Kultur-Ingenieur, Bergstraße 3. Als Landmesser erscheint Mellin dann auch im Mitgliederverzeichnis des Deutschen Geometervereins von 1911. Darüber hinaus hat sich Mellin der St.-Johannis-Loge „Zur heissen Quelle“ i. Or. Hirschberg angeschlossen und fungierte hier laut Verzeichnis der Mitglieder des Vereins deutscher Freimaurer Ende 1909 als Schatzmeister. Schließlich muss sich Alfred Mellin auch noch im Riesengebirgsverein engagiert haben, wo er 1913 im Zusammenhang mit dem Neubau des Museums des Riesengebirgsvereins an der Seite des Vereinsvorsitzenden Dr. Hugo Seydel genannt wird (Minerva-Jahrbuch 23, S. 611).

Prof. Hermann Degner verschenkt ein Bibliotheksbuch aus der Preußischen Landesaufnahme (2)

Hermann DegnerIm Beitrag Prof. Degner verschenkt ein Bibliotheksbuch aus der Preuß. Landesaufnahme (1) enden die biografischen Notizen zu Hermann Degner mit dessen Promotion 1911. Zum weiteren, insbesondere militärischen Lebensweg gibt Feuerwerker-Oberleutnant a.D. Erich Schoen in seiner 1936 erschienenen Dokumentation zur Geschichte des Deutschen Feuerwerkswesens der Armee und Marine mit Einschluß des Zeugwesens Auskunft:

1886-1888 besuchte er die Oberfeuerwerkerschule in Berlin und wurde im März 1891 als Oberfeuerwerker zur Landesaufnahme kommandiert. Nach Ableistung der 3 vorgeschriebenen Übungen beim Fußartillerieregiment 5 und 1 wurde er 1896 zum Leutnant der Landwehr, 1908 zum Oberleutnant und 1913 zum Hauptmann befördert. Den Weltkrieg machte er in verschiedenen leitenden Stellungen, hauptsächlich als Führer der Vermessungsabteilung 9, mit.

Die Rangliste jener Vermessungsabteilung im Bayerischen Staatsarchiv München, Abt. IV Kriegsarchiv, Kriegsstammrollen 1914–1918, Band 20497 gibt dann weitere Details preis (Abb.). Zuletzt Trigonometer bei der Kgl. Landesaufnahme mit Wahrnehmung der Geschäfte eines Vermessungsdirigenten wurde Degner demnach nach der Mobilmachung Feldtrigonometer und als solcher ab 28. Dezember 1914 Führer der Festungs-Vermessungs-Abteilung 9, mit der er sich als Teil der 1. Königlich Bayerischen Division bis 3. August 1915 in den besetzten Gebieten von Belgien befand und dann vom 4. August bis 13. Oktober 1905 zunächst an Stellungskämpfen bei Saint-Quentin sowie ab 14. Oktober 1915 bis Ende März 1915 in Flandern und Artois beteiligt war. Am 1. April 1916 wurde Degner dann zur Vermessungs-Abteilung 19 beim Oberkommando der 3. Armee versetzt, die unter Leitung von Prof. Max Eckert-Greifendorff stand.

Unerwarteterweise wird aus der Rangliste schließlich auch noch der Hintergrund dafür deutlich, warum Hermann Degner nach dem Kriege seine Publikation Egbert Harbert überließ. Denn in der bayerischen Festungs-Vermessungs-Abteilung 9 kreuzten sich die Wege der beiden Feldtrigonometer. Während aus dem Beitrag Karl Gerkes zum Egbert-Harbert-Gedenkkolloquium bislang nur vage bekannt war, dass der spätere DVW-Vorsitzende während des 1. Weltkrieges (1915 – 1918)  … als Feldartillerist, als Feldtrigonometer, als Führer einer Raumbildgruppe – Stereophotogrammeter – und auch als höherer Vermessungsbeamter bei Kriegsvermessungsabteilungen im Einsatz war, besagt sein Ranglisteneintrag (Abb.) dass er als Landsturm-Angehöriger seit 11. Januar 1915 Feldtrigonometer bei der Festungs-Vermessungs-Abteilung 9 war und vom 24. November 1915 die Kartenstelle der 111. Infanterie-Division in dem Städtchen Croisilles südöstlich von Arras führte. Am 1. Februar 1916 wurde er dann bei der Festungs-Vermessungs-Abteilung 9 als Beamter entlassen.

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Fr. W. Barfuß: Handbuch der höheren und niederen Meßkunde

Unter den älteren Büchern, die bei Gründung der DVW-Bibliothek fast schon als veraltet gelten mussten, findet sich das 1854 in dritter Auflage in Weimar erschienene Handbuch der höheren und niederen Meßkunde oder gründliche Unterweisung in der gewöhnlichen Feldmeßkunst, sowie zu größeren geodätischen Aufnahmen, zu geographischen Triangulirungen, barometrischen Höhenmessungen, zu Nivellements und zum Gebrauch der Instrumente / Nach dem neuesten Standpuncte der Wissenschaft bearbeitet von Dr. Fr. W. Barfuß.

In der Bibliothek des Förderkreises vermessungstechnisches Museum e. V. ist es bereits vorhanden, und es liegt auch als Scan aus Chicago bei Google Books sowie in den Digitalen Sammlungen der bayerischen Staatsbibliothek vor. Am Verlagsort Weimar fehlt die Ausgabe bislang, so dass sie nun 170 Jahre nach Erscheinen dorthin in die Herzogin Anna Amalia Bibliothek zurückkehrt.

Der Autor Friedrich Wilhelm Barfuß ist trotz seiner Mitwirkung bei der Berechnung und Konstruktion von Linsensystemen für Carl Zeiss heute so gut wie vergessen. Es gibt keinen Wikipedia-Eintrag und auch in der GND ist er nur rudimentär mit seinem Geburtsjahr und -ort verzeichnet. Dabei mangelt es nicht an biografischen Informationen, allerdings versteckt in der älteren Literatur. In der Geschichte und Beschreibung der Fabrik- und Handelsstadt Apolda und deren nächster Umgebung liefert Julius Constantin Kronfeld folgenden Lebenslauf:

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Vermessung der Freien und Hansestadt Hamburg

Die vierbändige Vermessung der Freien und Hansestadt Hamburg des DVW-Ehrenmitglieds Heinrich August Ludwig Stück von 1885 bis 1888 ist mit wenigen Exemplaren vor allem vor Ort in Hamburger Bibliotheken erhalten und zudem bei der TIB Hannover digital verfügbar.

Die Bände in der ehemaligen DVW-Bibliothek zeichnen sich durch ihre besondere Provenienz aus. Die Besitzvermerke S. H. Gurlitt verweisen auf den Obervermessungsrat und Leiter des Hamburger staatlichen Vermessungswesens Siegfried Hermann Gurlitt, geb. 1. März 1871 in Hamburg, vgl. die Angaben beim Staatsarchiv Hamburg. Ausführlich erwähnt wird Gurlitt im Sonderheft des Hamburger Landesbetriebs Geoinformation und Vermessung (LGV) von 2010 zur Geschichte der Hamburger Triangulation. Auf S. 36 dieser Publikation findet sich Gurlitt auch unter den Beschäftigten des Hamburger Vermessungsbureaus im Jahr 1900 als Nr. 16 (2. Reihe, 4. v.r.) abgebildet.

Dass die Bücher aus seinem Besitz in die DVW-Bibliothek gelangten, dürfte damit zusammenhängen, dass Gurlitt bis 1932 Vorsitzender des Landesvereins Hamburg des DVW und als solcher zugleich Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses des DVW war (ZfV 1932, S. 143 u. 543). Nunmehr gehen die Bücher in den Bestand der Bibliothek des Förderkreises vermessungstechnisches Museum e.V. in Dortmund über. In der DVW-Bibliothek vorhandene Dubletten der Bände 1 bis 3 wurden der Bibliothek des Vereins für Hamburgische Geschichte übergeben.

Prof. Hermann Degner verschenkt ein Bibliotheksbuch aus der Preuß. Landesaufnahme (1)

Ein unscheinbares und (mit offenbar nur noch einem weiteren Exemplar in Hamburg) zudem rares Bändchen von 1918 mit dem Titel Vollständige Tafeln zur gegenseitigen Verwandlung der Sechszehntel (0-5760) in Grade (0°-360°), Teilstriche (0-6400) in Grade (0°-360°), Sechszehntel (0-5760) in Teilstriche (0-6400)  – für den Dienstgebrauch herausgegeben von der Königl. Preußischen Landesaufnahme hat eine gleich doppelt interessante Provenienz.

Zum einen ist das der seltene Büchereistempel der preußischen Landesaufnahme, zum anderen der Umstand, dass es laut Besitzvermerk des ehemaligen DVW-Vorsitzenden Egbert Harbert (1882 –1968) ein Geschenk von Prof. Degner war. Jener Prof. Dr. Hermann Johann Wilhelm Degner (GND) war genau zu jener Zeit, als das Heft erschien, Leiter der Wissenschaftlichen Rechenstelle der Preußischen Landesaufnahme. Degner hat sozusagen sein eigenes Werk aus der Bibliothek seines Dienstherrn entliehen und verschenkt.

Da Hermann Degner einen überaus interessanten Lebensweg aufzuweisen hat, aber weder ein Wikipedia-Eintrag noch sonstige besondere biografische Erwähnungen davon zeugen, soll er hier mit seinem Lebenslauf aus der Dissertation von 1911 selbst zu Wort kommen:

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Max Friedersdorff: Prüfung der Grundsteuer-Gemarkungskarten

Das im vorigen Blogbeitrag zur Bibliothek von Otto Böttcher abgebildete Büchlein des Königl. Oberlandmessers Max Friedersdorff über Die Prüfung und Verwertung der Grundsteuer-Gemarkungskarten im Umlegungsverfahren stellt eine besondere Rarität dar. In 1. Auflage von 1901 lässt es sich außer in der ehemaligen DVW-Bibliothek weltweit nirgends sonst nachweisen. Die zweite, im Umfang etwa verdoppelte Auflage von 1903 gibt es immerhin noch ein einziges weiteres Mal in der Staatsbibliothek zu Berlin: https://opac.k10plus.de/DB=2.299/PPNSET?PPN=404652409. Eines der beiden Exemplare der ehemaligen DVW-Bibliothek trägt zudem eine Widmung des Autors.

Obwohl Max Friedersdorff noch weitere Publikationen verfasst hat, ist er so gut wie unbekannt. Als Geburtsdatum lässt sich aber anhand der Nachweisung der Vermessungsbeamten der Preussischen Landwirtschaftlichen Verwaltung von 1905 der 27. Januar 1858 ermitteln. Mit diesen Angaben findet sich schließlich ein Eintrag im Heiratsregister des Standesamts Breslau II (Urk. 138/1888), aus dem hervorgeht, dass Max Alfred Rudolf Janus Friedersdorff am 27. Januar 1858 in Schneidemühl (heute Piła) als Sohn eines Maurermeisters geboren wurde.

Sein Landmesserpatent erhielt Friedersdorff laut Nachweisung der Vermessungsbeamten am 24. Juli 1880. Am 31. August 1881 ist er dann als Landmesser in den Staatsdienst bei der Generalkommission für Schlesien eingetreten. 1891 ist er von Breslau nach Kreuzburg O.S. (heute Kluczbork) versetzt worden (ABl. Liegnitz), 1894 dann wieder zurück nach Breslau (ABl. Oppeln). Zum 1. April 1899 erfolgte die Versetzung vom geodätisch- technischen Bureau der Generalkommission in Breslau zur Spezialkommission Leobschütz (heute Głubczyce), um dort die Oberlandmessergeschäfte wahrzunehmen (ZfV 1899, S. 286). 1908 wurde er dann nach Halle/Saale versetzt (ABl. Oppeln).

Aus der Bücherei von Otto Böttcher

Besitzstempel Bücherei von Otto Böttcher, Frankenberg/EderZuwachs erfuhr die ehemalige DVW-Bibliothek nicht zuletzt auch durch Bücherspenden Einzelner. Eine ganze Anzahl von Büchern trägt den Besitzstempel der (Privat-)Bücherei von Otto Böttcher, Frankenberg/Eder.

Otto Böttcher ist beim D.V.W. kein Unbekannter, obschon dessen Lebensdaten bislang nicht publik sind. Laut Nachweisung der akademisch vorgebildeten Vermessungsbeamten der Preußischen Landwirtschaftlichen Verwaltung (1925) wurde Böttcher am 9. Januar 1875 geboren. Mit diesem Geburtsdatum korrespondiert die Geburtsurkunde 40/1875 des Standesamts Erfurt, die Otto Alfred Böttcher als Sohn des Geometers Johann Karl Oswald Böttcher (1835–1900) und der Valeska Böttcher, geb. Ette ausweist.

Am 16. Mai 1896 erhielt er die Landmesserbestallung, trat daraufhin am 25. Mai 1896 in die landwirtschaftlichen Verwaltung ein und avancierte nach entsprechendener Prüfung am 1. Dezember 1900 zum Regierungslandmesser. 1926 erscheint er als Vermessungsrat im Kulturamt Frankenberg.

In der D.V.W.-Mitgliederversammlung am 5. August 1929 wurde Otto Böttcher zum 1. Januar 1930 als D.V.W.-Geschäftsleiter* gewählt. Zuvor war er seit 1921 schon mehrere Jahre für die Fachgruppe der Preußischen Landwirtschaftlichen Verwaltung einer der Vertreter des Landesvereins Preußen im Geschäftsführenden Ausschuss des D.V.W. Die nunmehrige hauptamtliche Tätigkeit als Geschäftsleiter führte Böttcher aus, bis er infolge eines Schlaganfalls am 1. April 1939 aus dem Amt ausschied.

* Siehe zur Funktion des Geschäftsleiters: Die Satzung des Deutschen Vereins für Vermessungswesen (D.V.V.) von 1919.