Die Anfänge der Bibliothek des Deutschen Geometer-Vereins im Jahr 1873

Die Einrichtung einer allen Vereinsmitgliedern offen stehenden Bibliothek war bereits in den Gründungsdokumenten des Deutschen Geometer-Vereins angelegt. Laut § 9 der Satzungen vom 16. Dezember 1871 hatte der Schriftführer zugleich das Archiv und die Bibliothek des Vereines zu verwalten. § 18 bestimmte u. a. zu diesen Einrichtungen: Die Mitgliedschaft berechtigt zur Benutzung der dem Vereine etwa zu Gebote stehenden wissenschaftlichen Hilfsmittel.

Die ersten 40 Erwerbungen konnten dann auf der vom 2. bis 4. August 1873 in Nürnberg abgehaltenen II. Hauptversammlung des Deutschen Geometervereins öffentlichkeitswirksam präsentiert werden. Wie sich aus der im Tagungsbericht abgedruckten Aufstellung (ZfV 1873, S. 338–340) ergibt, handelte es sich hauptsächlich um Schenkungen. Selbstredend gingen die Vorstandsmitglieder beim Bibliotheksaufbau mit gutem Beispiel voran:

Vereins-Direktor Julius Nagel aus Dresden überreichte den Vortrag über Urmaasse und Maasssysteme von Christian August Nagel, Dresden 1858 sowie die Beschreibung und Rechtfertigung der Sächsischen Landesabschätzung von Franz Ludwig Runde, Dresden 1850. Vom 1. Schriftführer August Krehan in Weimar kamen so wertvolle Gaben wie Ueber das Cataster von Benzenberg aus dem Jahr 1824 sowie die General-Revisions-Instruction vom J. 1728 nebst Anhang, Weimar 1789. Der 2. Sekretär Abraham Fecht aus Stuttgart lieferte drei Jahrgänge des Organs des Württembergischen Geometervereins sowie die Technische Anweisung für die Erhaltung und Fortführung der Primär-Kataster und Flurkarten im Königreich Württemberg von 1871 ein. Der Schriftleiter Prof. Wilhelm Jordan vermachte der Bibliothek eine Anzahl eigener Schriften. Und Mitschriftleiter Otto Koch aus Kassel spendete das 1873 frisch erschienene Buch über Ablösung grundherrlicher Rechte und die Zusammenlegung der Grundstücke in Sachsen-Weimar des Oeconomie-Commissars Max Gau.

Dazu ließen die Berichterstatter Fecht und Krehan wissen: Obgleich die vorstehenden 40 Nummern bereits einen ansehnlichen Grundstock einer Bibliothek bilden, möge doch die Bemerkung gestattet sein, dass der von der Vorstandschaft ausgesprochenen Bitte um Ueberlassung von Exemplaren der Gesetze, Verordnungen, Geschäftsanweisungen, Musterblätter und dergl. noch nicht so allgemein entsprochen worden ist, als erwartet worden war. Gewiss werden desshalb bald Nachträge folgen (ZfV 1873, S. 340).

Daran schloss im Folgejahr ein pathetischer Bericht zu Bibliothek und Archiv des Deutschen
Geometervereins
(ZfV 1874, S. 157 f.) an:

   Von mehreren Behörden und Mitgliedern oder Gönnern des Deutschen Geometervereins sind diesem eine Anzahl zum Theil sehr werthvoller Werke geschenkt, welche den Anfang und Stamm einer Sammlung von Büchern, Karten und Instrumenten zu bilden bestimmt sind, und hoffentlich durch weitere Gaben, wie auch durch die eigenen Mittel des Vereins bald werden erheblich vermehrt werden.
Indem die Vorstandschaft sich demnach zunächst der angenehmen Pflicht unterzieht, den Gebern dieser Werke, deren Namen in dem Kataloge angegeben sind, den Dank des Vereines zu zollen, übergibt dieselbe hiermit Bibliothek und Archiv, gemäss §. 18 der Satzungen, dem Gebrauche der Vereinsmitglieder mit dem Wunsche, dass durch fleissige Benutzung der vorhandenen Werke im Allgemeinen die Verbreitung nützlicher Kenntnisse gefördert, und im Besonderen den einzelnen Mitgliedern wesentlicher Vortheil gestiftet werden möge.
Die Verwaltung der Bibliothek und des Archives liegt nach §. 9 der Satzungen dem ersten Schriftführer — zur Zeit Herrn Obergeometer Krehan in Weimar — ob, welcher auf jedesmaligen Antrag die Versendung der geforderten Werke bewirken wird.
Die Verleihung geschieht hierbei unentgeltlich; doch muss der Entnehmer die Kosten der Verpackung und Versendung tragen. Ueberhaupt sind die Bedingungen für die Entnahme und insbesodnere die Massnahmen für die Sicherstellung des Vereins in einer Ordnung für die Benutzung der Bibliothek und des Archives des Deutschen Geometervereins zusammengestellt, welche auf der Rückseite der auszufüllenden Antragsformulare abgedruckt ist, und auf welche hiermit Bezug genommen wird. Diese Antragsformulare, von welchen ein Exemplar diesem Hefte der Zeitschrift beigefügt ist, werden auf Brief- oder Postkartenbestellung den Mitgliedern des Vereines von dem Archivverwalter unter Streifband zugeschickt werden.
Die Vorstandschaft stellt somit die Benutzung der Werke den Vereinsmitgliedern anheim, nimmt aber auch diese Gelegenheit wahr, um die Förderung und Vermehrung der Sammlungen allen Gönnern des Vereines eindringlich an's Herz zu legen, und um Zuwendung von Werken namentlich auch älterer, welche über die Geschichte und die Entwickelung des Vermessungswesens und der mit demselben zusammenhängenden Wissenschaften Licht zu geben geeignet sind zu bitten.
Ueber den Zuwachs wird in Form einer Fortsetzung des Kataloges alljährlich durch die Zeitschrift Mittheilung gemacht werden.
Die Vorstandschaft.

Leider konnte die Ordnung für die Benutzung der Bibliothek und des Archives des Deutschen Geometervereins noch nicht aufgefunden werden. Als Beilage zur ZfV 1874 ist der erste Katalog allerdings überliefert, beispielsweise im gescannt vorliegenden Exemplar der Bayerischen Staatsbibliothek – Math.p. 649 p-1874 oder im Exemplar der Princeton University (Hathi Trust, Google Books).

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