Prof. Hermann Degner verschenkt ein Bibliotheksbuch aus der Preuß. Landesaufnahme (1)

Ein unscheinbares und (mit offenbar nur noch einem weiteren Exemplar in Hamburg) zudem rares Bändchen von 1918 mit dem Titel Vollständige Tafeln zur gegenseitigen Verwandlung der Sechszehntel (0-5760) in Grade (0°-360°), Teilstriche (0-6400) in Grade (0°-360°), Sechszehntel (0-5760) in Teilstriche (0-6400)  – für den Dienstgebrauch herausgegeben von der Königl. Preußischen Landesaufnahme hat eine gleich doppelt interessante Provenienz.

Zum einen ist das der seltene Büchereistempel der preußischen Landesaufnahme, zum anderen der Umstand, dass es laut Besitzvermerk des ehemaligen DVW-Vorsitzenden Egbert Harbert (1882 –1968) ein Geschenk von Prof. Degner war. Jener Prof. Dr. Hermann Johann Wilhelm Degner (GND) war genau zu jener Zeit, als das Heft erschien, Leiter der Wissenschaftlichen Rechenstelle der Preußischen Landesaufnahme. Degner hat sozusagen sein eigenes Werk aus der Bibliothek seines Dienstherrn entliehen und verschenkt.

Da Hermann Degner einen überaus interessanten Lebensweg aufzuweisen hat, aber weder ein Wikipedia-Eintrag noch sonstige besondere biografische Erwähnungen davon zeugen, soll er hier mit seinem Lebenslauf aus der Dissertation von 1911 selbst zu Wort kommen:

Am 9. November 1862 wurde ich, Hermann Degner, als ältester Sohn des nachmaligen Gutsbesitzers Bernhard Degner und seiner Gattin Emilie, geb. Hildt, in Bromberg geboren. In der dortigen evangelischen Pfarrkirche wurde ich getauft. Im Jahre 1866 wanderten meine Eltern nach Nordamerika aus, und in New York, wo mein Vater in das Geschäft meines Stiefgroßvaters eintrat, genoß ich von 1868-72 in einer englischen Elementarschule den ersten Unterricht. Als im letztgenannten Jahre meine Eltern schnell hintereinander verstarben, verlegten meine Großeltern ihren Wohnsitz wieder nach Bromberg. Dort besuchte ich zunächst eine Privatschule, dann das Königliche Gymnasium. Die Jahre 1874–1878 verlebte ich in Hamburg, wo mich ein Onkel an Kindes Statt angenommen hatte, und war Schüler des Altonaer Gymnasiums. Als dieser Onkel plötzlich starb, kehrte ich zu den Großeltern nach Bromberg zurück und erlangte auf dem dortigen Gymnasium die Berechtigung zum einjährig-freiwilligen Militärdienst. Achtzehn Jahre alt, trat ich nunmehr als Volontär in ein Baugeschäft ein und besuchte in den Wintersemestern 1880/81 und 1881/82 die Baugewerkschule zu Buxtehude bei Hamburg, auf welcher ich das Maurer- und Zimmermeisterexamen bestand. Auf Anregung meines Großvaters verließ ich 1882 die Heimat und war bis gegen Ende 1883 als Bautechniker wieder in New York tätig. Von dem Wunsche beseelt, zunächst meiner einjährigen Militärpflicht zu genügen, kehrte ich jedoch nach Deutschland zurück. Dies veranlaßte meinen Großvater, mir seine weitere Unterstützung zu entziehen, und so trat ich am 1. Oktober 1883 als Dreijährig- Freiwilliger beim Niederschlesischen Fußartillerie-Regiment Nr. 5 in Posen ein. Ich erfreute mich eines so großen Wohlwollens seitens meiner Vorgesetzten, daß ich mich entschloß, Soldat zu bleiben. Von 1886-1888 zur Königlichen Oberfeuerwerkerschule nach Berlin kommandiert, bestand ich auf dieser die Schlußprüfung. Zum Feuerwerker befördert, war ich bis zum Jahre 1889 beim Artillerie-Depot Hannover, dann bei der 2. Artillerie-Depot-Inspektion in Stettin kommandiert. Im Begriff, auf Vorschlag meiner vorgesetzten Dienststellen als Lehrer an der Kriegsschule Tientsin in chinesische Dienste zu treten, erhielt ich 1891 die Einberufung zur Trigonometrischen Abteilung der Königlichen Landesaufnahme in Berlin. Inzwischen Oberfeuerwerker geworden, schied ich 1895 aus dem aktiven Dienste aus und wurde 1896 zum Leutnant der Landwehr-Fußartillerie befördert. Im September 1899 erhielt ich die etatsmäßige Anstellung als Trigonometer. Vom Jahre 1898 ab hörte ich, gestützt auf das besondere Wohlwollen meiner militärischen Vorgesetzten, an hiesiger Königlicher Universität und der Technischen Hochschule während der Wintersemester Vorlesungen. Gleichzeitig bereitete ich mich zum Maturitätsexamen vor, das ich, während des Sommers 1902 dienstlich in Ostpreußen tätig, am Wilhelms-Gymnasium in Königsberg i. Pr. bestand. Meine akademischen Lehrer waren die Herren Professoren Helmert, Schwarz, Knoblauch, Schottky, Lehmann-Filhés, Förster, Bauschinger, Marcuse, Ristenpart, Lasson, Simmel und andere. Ihnen allen habe ich für mannigfache gütige Beratung und sonstige Beweise größten Wohlwollens aufrichtig zu danken.
Seit dem Jahre 1893 bin ich verheiratet; ich bin Vater zweier Töchter im Alter von 12 und 10 Jahren.

Degner,
Trigonometer bei der Königlichen Landesaufnahme,
Oberleutnant der Landwehr-Fußartillerie

Bei der am am 6. Mai 1910 von Degner eingereichten Dissertation mit dem Titel „Neue Untersuchungen über die Größe der terrestrischen Refraktion unter Verwertung des Beobachtungsmaterials der Königlich Preußischen Landesaufnahme“ haben nach Helmert das umfangreiche Beobachtungsmaterial und die 10jährige Erfahrung des Trigonometers dazu geführt, dass er neue Erkenntnisse präsentieren konnte (gfzpublic.gfz-potsdam.de/rest/items/item_3379902_7/component/file_3398890/content, S. 88).

Fortsetzung folgt …

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